Fritz Grögel

Posts Tagged ‘Kommunikation’

Sag mal, spinnt ihr?

In Het Leventje on 9. Oktober 2009 at 23:22

Es gibt Überraschungen und Überraschungen. Eine letztere ist für mich der hohe Kommunikationsbedarf niederländischer Institutionen und der rege Gebrauch, den sie vom Kommunikatonsmittel Briefpost machen. Jeder will einem dauernd irgendetwas mitteilen. Und überall hat man sich ja irgendwie registriert. Bei der Bahn, beim Vermieter, bei der Stadt, beim Museum beim Archiv bei der Uni bei was weiß ich alles. Und mein Parcours ist noch ein Witz, gemessen an dem was Nicht-Eu’lern alles abverlangt wird. Tolles Wortbild. Im ’ liegt die Zukunft. Hier werden Collega’s (yes, eindeutig Plural, aber regelkonform) mit ’ geschrieben. Dat is unser eim ja nix.

Hier hat’s aber auch Tradition. Den Haag war schon des Graven Hag und ” ’s-Gravenhage ”. Niederländisch hat eine Apostrophtradition, in jedem Fall eine andere, als unsere. Mal sehen, ob ich mehr darüber rausfinde. Allerdings sind sie bei der Unterscheidung von echtem und von falschen Apostrophen nur etwas besser als bei uns. Jedenfalls im “vernacular”, wie es wieder in meinem Leben aufpoppt.

Alle wollen einem schreiben, manche mehr, manche weniger hochfrequent. Mein Briefkasten wird ganz ordentlich gefüttert. Um so ärgerlicher ist, je höher der Briefkasten montiert ist. Meiner so hoch, dass ich auf die Zehenspitzen gehen muss, um den Boden sehen zu können. Und: der Kasten ist verdammt riesig, eigentlich schon als Papiermülltonne konzipiert. Fehlt nur der Henkel zum rausziehen und wegkippen. Na, ganz so voll ist er auch nicht, aber ich bin wirlich zu kurz, um auf einen Blick zu sondieren, ob sich die Mühe lohnt, mit meinen kurzen Ärmchen in die hohe tief Box zu greifen, um eventuell einen Gruß aus der Heimat oder eine neue Bankkarte zu erwischen.

Aber Wegkippen geht auch wirklich gar nicht, weil neben den bunten Konsumblättchen oft großformatige (A5/C5) Briefe mit dabei sind, die manchmal nicht unwichtig sind. Hier die aktuellen Beispiele der letzten drei Tage.

Niederländische Bahn

Diese Post kam für Abi (mein Vormieter). Ich skype ihn dann an, und frag, was ich machen soll. Auf, wegschmeißen ? Die niederländische Bahn (http://ns.nl/) versucht seit Monaten ihn zur Verlängerung seiner Bahncard zu treiben. Aber er ist schon weg. Und die haben schon drei oder vier solcher Briefe geschickt. Ok, »Holland« ist klein, aber was für eine Materialverschwendung. Wie wärs bitte mit E-Mail mit Needuuknopf ? Regenwald ? Klimawandel ?

Die Bahn ist echt der Hammer:

Bahn-Post: Anschreiben, Vertragsformular, Rückkuvert, postrei.

Anschreiben, Formularbogen zweiseitig, Rückantwort-Kuvert. Die ganze Mache ist sehr professionell, aber man fragt sich, was es überhaupt soll. Nein, die Bahn hat nicht den Stellenwert meines Handyanbieters. Und nein, ich bin nicht in der Gemeinde der Vielreisenden, ich fahr halt mal rum und dann lohnt es sich schon. Aber ich kauf es mir, wenn ich es brauche. Sehr merkwürdig ist auch, dass draußen nicht draufsteht, was drin ist. Ich kenn eure ganzen Logos noch nicht alle, wie hübsch sie auch anzusehen sein mögen und der Name eines Instituts ist mir Orientierung, Rat und Hilfe. Weniger Reduktion ! Less is less.

Meine Hausverwaltung.

Meine Hausverwaltung.

Doch auch an mich kommt Post. Meine allererste war eine Urlaubskarte von meinen Eltern und meiner Schwester. Das war nett, als Willkommen. Und dann ging es fix los mit der Hausverwaltung. Die ist sympathisch, aber sie schicken gerne Leute hierher und man kriegt die Termine nicht mit. Andererseits schreiben sie gerne Kundenpflegebriefe. Auch die sind nett, aber nie von denen zu Unterscheiden, in denen was ECHT WICHTIGES drinsteht. Mahnung, Wasserabstellung, Kammerjäger, wer weiß schon ? Jepp: Wasserabstellung. Berliner Vermieter schreiben einem weniger, oder ? Jedenfalls mag ich das. No news: good news – only news when bad news. Mach ich ein Managertraining draus.

Gemeente Den Haag — Dienst Stadsbeheer

Gemeente Den Haag — Dienst Stadsbeheer

Der dritte Brief ist von der Gemeente Den Haag — Dienst Stadsbeheer. Außen unauffällig hochgebirgsdunkelsteingrün, innen zwischen Anschreiben (zweiseitig A4) und Telefax (Reproqualität s/w). Die Farben des Fotos kommen nicht ganz hin. Das Grün ist noch etwas matter und unaufgeregter. Sie informieren, wenn ich es recht verstehe, über ein stadtbauliches Vorhaben in meinem nahen Umfeld, den Bau einer Volautomatischen Autoberging. Sie wollen die Innenstadt verkehrsfreier bekommen und planen eine Stärkung des Rings um die Kernstadt. Die Garage ist Teil eine Entwicklungsplans. Ich werde darüber informiert, dass es sowas wie eine Bürgerversammlung/Anhörung dazu gibt. Datum und Ort der Versammlung sind nicht deutlich hervorgehoben, aber im ersten Absatz.

Auf der beigefügten zweiten Seite werde ich informiert, was für ein Vorhaben ansteht, was die planerische Absicht ist (Schmackhaftmachung) und dass meine Stadt, inklusive Gracht, keinen Schaden nehmen wird, sondern vor allem die Gracht da bleibt, wo sie ist und alles neu eingerichtet und städtisch gepimpt wird. Des weiteren wird mir angesagt, welche Gehsteige während der Bauzeit Ungemach verursachen könnten und derlei Dinge mehr. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, in den letzten fünf Jahren in dieser Form von meinem Berliner Bezirk unterrichtet worden zu sein. Aber jetzt mal an beide: wann fangt Ihr eigentlich an, e-Mails zu benutzen ?

Leere Versprechen

In Het Leventje on 19. September 2009 at 11:18
Viel & Mehr

Viel & Mehr

»Brot & mehr«, »Musik & mehr«, »Urlaub & mehr« … Mehr-Formeln sollte man immer vermeiden, da sie ein Versprechen nicht steigern, sondern lediglich verwässern. In diesem Sinne ziehe ich den Hut vor diesem Beispiel, in dem gleich ganz auf inhaltliche Kommunikation verzichtet wird. Viel & mehr lässt alles offen, dass sollte dann ja wirklich jeden interessieren. Durch Googeln habe ich rausgefunden, dass es sich um ein spanisches Grillhaus handelt.